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Leo van Doeselaar

Internationale Barocktage Stift Melk, Pfingsten 2007

Franz Szabo

Mai 2007

Die 29. Pfingstkonzerte der Internationalen Barocktage Stift Melk standen unter einem glücklichen Stern. Prof. Helmut Pilss bewies einmal mehr seine überaus kundige und glückliche Hand bei der Auswahl der Ensembles und präsentierte eine originelle und spannende Mischung aus dem großen Bereich der so genannten Alten Musik. Erstmals gastierte in Melk der von mir besonders geschätzte österreichische Flötist Michael Oman mit seinem Consort; die Begegnungen mit den Ensembles Café Zimmermann und Ricreation D'Arcadia bescherten reizvolle Begegnungen mit französischen und japanischen Musikern. Der Cembalist Bob van Asperen und der Organist Leo van Doeselaar zeigten zwei Facetten der so wichtigen niederländischen Beiträge zur Entwicklung der Interpretation Alter Musik.

»Abendmusik«

In der intimen Pracht der Sommersakristei, zwischen üppig vergoldeten Holzschnitzereien und dunkelbrauner Intarsienkunst befindet sich eine originelle Orgel, die Reil-Orgel, mit zwei Manualen doppelchörig an gegenüberliegenden Wänden gebaut - spielt der Organist das obere Manual, erklingt die Musik für die Zuhörer von rechts, das untere lässt sie von links kommen. Quasi ein früher Stereoeffekt. Der niederländische Organist Leo van Doeselaar führte alle Register der Orgel in bezaubernden Variationen vor, als er Buxtehudes »Nimm von uns, Herr, du treuer Gott« und Bachs »Nun freut euch lieben Christen gmein« intonierte. Der Orgelkunst stellte Bob van Asperen die des Cembalos gegenüber und präsentierte sich als eloquenter Denker unter den Cembalovirtuosen. Eine berührende Meditation über den kommenden Tod in Form einer Suite von Froberger, auf dessen Werk sich van Asperen seit Jahren spezialisiert hat, gefolgt von einer Cembalo-Transkription von Bachs Ciaccona aus der Partita Nummer zwei für Violine solo BWV 1004. Den Himalaya der Violinliteratur auf den Olymp des Cembalos übertragen, wundervoll in seiner differenzierten Cembaloglitzerpracht - durch- und vergeistigtes Spiel eines ehemaligen Schülers von Gustav Leonhardt, der nun selbst im Abendlicht seinen höchsten Gipfel erreicht. Die Partita weckte auch Erinnerungen an Hopkinson Smith's legendäres Konzert im Kolomanisaal, als er vor einigen Jahren Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo auf der Laute spielte. Van Asperens Ciaccona-Transkription wird dem Autor dieser Zeilen ebenso unvergesslich bleiben!

Hörtipp:
JS Bach, Sonatas & Partitas, Hopkinson Smith, Astree
Bob van Asperen, Lessons for Bach, Aeolus

In der Stiftskirche setzte sich das herrliche Wechselspiel zweier niederländischer Tastenkünstler weiter fort. Van Doeselaar wechselte zur großen Schleifladenorgel des Kremser Orgelbauers Gregor Hradetzky - mit 45 Registern und 3.553 Pfeifen - und füllte das Kirchenschiff mächtig und kristallklar mit der unbeschreiblichen Großartigkeit von Bachs Toccata d-Moll, BWV 565. Es folgte die vielstimmige Jubelmusik »Nun freut euch lieben Christen gmein«, diesmal aber von Buxtehude, dann erklangen auf dem kleinen bescheidenen Orgelpositiv unter van Asperens kundigen Fingern »Wer nun den lieben Gott läßt walten« von JS Bach und eine Fantasia von Froberger. Den Schluss setzte die groß angelegte Toccata in d BuxWV 155, deren überwältigende Klangarchitektur schnell erkennen ließ, warum Buxtehude als einer der besten Organisten Europas geschätzt wurde und warum der junge Bach mehrere Monate bei ihm verbrachte, um vom großen Vorbild zu lernen. Begeisterter Beifall dankte van Doeselaars Orgelkunst, die sonst hauptsächlich an der St. Pieterskerk in Leiden zu hören ist.

Hörtipp: Orgelstücke, Das Erbe Frescobaldis, (Froberger, Poglietti, Scherer, Kerll, Roberday, Muffat, Purcell, Blow) Andrea Marcon, DIVOX

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